„Je suis Charlie“ als Christenpflicht

Ich hab gestern mit einer Journalistin gesprochen. Der Schock über die Geschehnisse von Paris stand ihr noch ins Gesicht geschrieben. „Es ist die Symbolik, die mir so zu schaffen macht“, sagte sie. „Eindeutiger geht es doch kaum.“ Was sie damit meint, ist klar: Der Terroranschlag auf die Redaktion des Satiremagazins „Charlie Hebdo“ war ein Frontalangriff auf die Pressefreiheit und mithin auf die Demokratie. „Da muss einem ja das Blut in den Adern gefrieren. Hoffentlich hat auch meine Zeitung den Mut, dem zu widerstehen und sich nicht einschüchtern zu lassen.“

Übrigens kam der Austausch aufgrund einer Frage von mir zustande: „Warum das enorme öffentliche Echo nur in Sachen Paris? Müsste das Morden zum Beispiel der Islamistensekte Boko Haram in Nigeria nicht gleichermaßen die Schlagzeilen bestimmen?“ Die Antwort der Journalistin – siehe oben! Ganz abgesehen davon sei Afrika weit weg, Frankreich dagegen in unmittelbarer Nachbarschaft: Der Terror rückt näher. Das beschäftige Menschen und Medien verständlicherweise ganz besonders.

Ob wir nicht trotzdem und ohne das eine gegen das andere auszuspielen auch für die toten Frauen, Männer und Kinder im Norden von Nigeria die Flaggen auf Halbmast setzen sollten, und sei’s nur in unseren Herzen? Überhaupt für alle Menschen, die dem Wahn irregeleiteter Glaubenskrieger zum Opfer fallen? Ich jedenfalls wünsche mir das traurig-schöne „Je suis Charlie“ als Solidaritätsadresse für unsere ganze Welt, wo immer sie durch Terror und Gewalt noch mehr aus den Fugen zu geraten droht.

Apropos Mut: Mutig gilt es auch zu sagen, und zwar gerade hierzulande, dass nicht der Islam als solcher, sondern eine pervertierte Form dieser Religion die Toten von Paris und anderswo auf dem Gewissen hat. Eine solche Klarstellung ist schon allein deshalb nötig, um eine Spaltung unserer Gesellschaft zu verhindern. Gut darum, dass muslimische Autoritäten sich von Gewalt in jedweder Form distanzieren! Und gut auch, dass die Kirchen aufkommende Wogen zu glätten versuchen! Der württembergische Landesbischof Frank Otfried July tut dies in einem Wort an die Gemeinden so: „Wenn es überhaupt eine Trennungslinie geben darf, dann verläuft die nicht zwischen den Religionen, sondern zwischen denen, die der Gewalt huldigen, und jenen, die für die Werte von Frieden, Freiheit und Menschenachtung stehen.“

Um noch einmal auf das Gespräch mit der Journalistin gestern zurückzukommen: Mut beziehungsweise Zivilcourage sind in der Tat das Gebot der Stunde, gerade weil die Symbolik und mit ihr die Zielrichtung des Anschlags von Paris so eindeutig sind. Die Menschenachtung, die Freiheit und der Frieden wollen verteidigt sein – „Je suis Charlie“ auch als Christenpflicht.

Das meint Koch. Und was meinen Sie?

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Ein Gedanke zu „„Je suis Charlie“ als Christenpflicht

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