Schlagwort-Archive: Leben

Ostern sei Dank!*

*Dieser Beitrag ist ursprünglich für die Osterausgabe 2013 des Evangelischen Gemeindeblatts für Württemberg geschrieben.

Eine Kindheitserinnerung. In der Bauernküche von Tante und Onkel steht ein Käfig am Herd. Nicht mit einem, sondern mit zehn, fünfzehn Küken darin. Die es, kaum geschlüpft und auf dem Markt gekauft, warm haben sollen, wärmer als draußen im Hühnerstall. Es wuselt, es flattert, es fiept und es piept: Leben pur und von seiner schönsten Seite. Der Bub blickt mit großen Augen auf die Kükenkinderstube.

Auch das Küken hier ist noch nicht alt. Ob es deshalb so aussieht wie aus dem Ei gepellt? Oder wie aus „Deutschland sucht den Kükenstar“? Ja, man möchte es sich auf die Hand setzen, mit dem Finger über den weichen Flaum streicheln, dem kleinen Wesen alles Gute wünschen. Denn das Leben ist nicht nur schön, es ist auch gefährlich und hart. Was das Küken freilich noch nicht weiß. Es auch noch gar nicht zu wissen braucht. Küken und Kinder: Sie sollen staunen dürfen angesichts dessen, was da vor ihnen liegt, und unbeschwert in die Zukunft schauen.

Das Leben ist schön, und deshalb hat es auch ein Fest: Ostern. Das aber mehr ist als nur ein Kinderfest. Weil das Leben, das wir an Ostern feiern, seine kindliche Unschuld verloren hat. Es ist vielmehr ein um der Menschenschuld willen ans Kreuz genageltes, durch den Tod gegangenes, wieder auferstandenes Leben. Und deshalb beginnt damals wie heute Ostern am Grab. Als Zeichen dafür, dass das Leben eben nicht nur schön, sondern vor allem auch endlich ist. Und dann doch weitergeht. Was aber nur begreift, wer seinerseits zum Weitergehen bereit ist. Denn wer zu lange am Grab verweilt, findet das neue Leben nicht: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden.“ (Lukas 24,5.6)

Zurück zur Kükenkinderstube von vor vielen Jahren! Und zu dem einen kleinen Küken hier auf dem Bild! Die so zwar beide nicht für das ganze und damit auch nicht für das wahre Leben stehen. Für seinen unbeschwerten Anfang aber auf jeden Fall. Und vielleicht auch für die Unbeschwertheit des ewigen Lebens, das keinen Schmerz, kein Leid und keine Tränen mehr kennt. Weshalb auch wir Großen staunen dürfen angesichts dessen, was da vor uns liegt. Ostern sei Dank!

Das meint Koch. Und was meinen Sie?

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Ein Satz fürs Leben

Dass es zu Weihnachten 2012 nun doch noch ein „Koch meint“ gibt, verdankt sich zweierlei: einer früheren Kollegin von mir und dem Museum der Kulturen in Basel. Wo – und das hat besagte Kollegin bei einem Besuch dort entdeckt – inmitten einer Ausstellung zum weihnachtlichen Schenken das Folgende zu lesen steht: „Heiligabend 2011 als widerliche Geschenkorgie im Kreis der Lieben: Ich fass es nicht!“ Und dahinter: „Andreas Koch, Rundfunkpfarrer, Württemberg.“

Warum ich ausgerechnet damit beginne? Zum einen, weil ich mich durch meine museale Premiere natürlich schon auch ein bisschen geschmeichelt fühle. Eidgenossen, ich danke euch! Zum andern und das vor allem, weil dieser in Basel exponierte Ausruf des Entsetzens an die bewegte Vorweihnachtszeit von vor einem Jahr erinnert. Als die Fachmarktkette MediaMarkt mit ihrem Werbeslogan „Weihnachten wird unterm Baum entschieden“ nicht nur Koch den Kopf hat schütteln und meinen lassen: „Ich fass es nicht!“ Wobei der Protest sich offensichtlich gelohnt hat, sind wir doch in diesem Advent von einem ähnlichen Marketingunfug verschont geblieben. Was nicht heißt, dass nicht auch heuer vorweihnachtlicher Unsinn geredet würde. Bei Bundesfamilienministerin Schröder jedenfalls scheinen bei ihrem Vorschlag, statt „der Gott“ lieber „das Gott“ zu sagen, sämtliche Kerzen durchgebrannt zu sein. Aber das nur nebenbei. Schließlich hat „das Kristina“ schon von weiblicher Seite genug eins auf die Mütze gekriegt.

Und dann war da ja auch noch der vermeintliche Weltuntergang am 21. Dezember. Über den darum entfachten Hype könnte man lachen, wenn das Ganze nicht so traurig wäre. Denn vor lauter Maya-Kalender sind sehr viel wichtigere Dinge – zum Beispiel Newtown, Connecticut, und die absurden Folgerungen, welche die amerikanische Waffenlobby aus dem Amoklauf zieht – unbeachtet und ungesagt geblieben. Und: Es soll Menschen gegeben haben – und vielleicht zählen sogar wir alle ein bisschen dazu –, die es tatsächlich mit der Angst zu tun bekommen haben, wiewohl das natürlich niemand offen zugeben würde.

Gut darum, dass jetzt Weihnachten kommt und mit ihm das Anti-Angst-Fest schlechthin! Das damals im Stall von Bethlehem seinen Anfang genommen und gleich nebenan seine bleibende Deutung erfahren hat. Jedenfalls muss, wer den eigentlichen Sinn von Weihnachten verstehen will, statt allem Möglichen nur den Engel so zu sich sprechen lassen wie damals die Hirten auf dem Felde bei den Hürden:

Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude; denn euch ist heute der Heiland geboren.

Was viel, viel mehr noch als der Ausspruch oben ein Satz fürs Museum wäre. Nur darf er da nicht hin. Weil er ein Satz fürs Leben ist. Was ich so nun doch, wenn auch reichlich spät noch sagen wollte.

Frohe und gesegnete Weihnachten!

Das meint Koch. Und was meinen Sie?

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Herr Ostertag hat recht

Meine Lieblingsostergeschichte habe ich selber erlebt. Und auch wenn das Ganze schon ein paar Jahre her ist, möchte ich besagte Geschichte auch an dieser Stelle noch einmal erzählen, und zwar mit allem Drum und Dran. Hier ist sie:

Gründonnerstag, Karfreitag, Ostersonntag, Ostermontag – das, was für uns Ostern ist, besteht leider nur aus ein paar wenigen Feiertagen. Wer Pech hat, auf den wartet deshalb am Osterdienstag bereits die Arbeit wieder. Ich gehöre auch dazu, und beim Betreten unseres Bürogebäudes mache ich dem Mann an der Pforte gegenüber meiner Enttäuschung Luft: „Jetzt ist Ostern auch schon wieder vorbei!“ Die Antwort kommt prompt und überraschend: „Ostern ist doch nicht vorbei! Ostern ist immer!“

„Ostern ist immer!“ Was der Mann an unserer Pforte mir damit wohl sagen will? Verdutzt wie ich bin, vergesse ich ihn danach zu fragen und muss mir jetzt meine eigenen Gedanken dazu machen. Natürlich sind es die Gedanken eines Theologen, der ahnt, dass es hier nicht um Osterhasen und Ostereier geht, obwohl manche von denen sich auf wundersame Weise dem Zugriff der Kinder entziehen und erst Wochen und Monate später aus ihrem Versteck wieder auftauchen. Auch eine Art von immerwährendem Ostern! Trotzdem: „Ostern ist immer!“ muss etwas mit dem eigentlichen Inhalt von Ostern zu tun haben, und dieser Inhalt heißt Leben, Leben nach dem Tod, ewiges Leben. „Wir danken dir, Herr Jesu Christ, dass du vom Tod erstanden bist“, so fängt eines der bekanntesten Osterlieder an, um dann von Jesus eine Brücke hin zu uns Menschen insgesamt zu schlagen: „Und hast dem Tod zerstört sein Macht / und uns zum Leben wiederbracht.“ (EG 107,1)

Wenn ich mir das jetzt so durch den Kopf gehen lasse, wird mir sehr schnell klar, dass Ostern in diesem Sinn natürlich etwas Dauerhaftes ist und sich nicht auf ein paar wenige Tage im Jahr beschränken lassen will. Im Gegenteil: Wo die Macht des Todes einmal gebrochen ist, ist sie ein für alle Mal dahin, und niemand wird sie je wiederherstellen können. Gott sei Dank im wahrsten Sinn des Wortes! „Ihr werdet leben, weil ich lebe“, hat denn auch Jesus vor seinem Tod gesagt (Johannes 14,19) und uns damit ein Versprechen gegeben, das seine Gültigkeit nie verliert und das er an jedem Tag aufs Neue einlösen will – an Ostern, an Weihnachten, an Fest-, Sonn- und Feiertagen, aber auch und vor allem an den vielen Tagen dazwischen. Und in diesem Sinn gilt dann in der Tat, was der Mann an der Pforte mir sagen will: „Ostern ist immer!“

Übrigens und kaum zu glauben, aber wahr: Der Mann an der Pforte heißt Ostertag. Und mit Ostern hat Herr Ostertag ja wirklich recht.

Das meint Koch. Und was meinen Sie?

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