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Herr Ostertag hat recht

Meine Lieblingsostergeschichte habe ich selber erlebt. Und auch wenn das Ganze schon ein paar Jahre her ist, möchte ich besagte Geschichte auch an dieser Stelle noch einmal erzählen, und zwar mit allem Drum und Dran. Hier ist sie:

Gründonnerstag, Karfreitag, Ostersonntag, Ostermontag – das, was für uns Ostern ist, besteht leider nur aus ein paar wenigen Feiertagen. Wer Pech hat, auf den wartet deshalb am Osterdienstag bereits die Arbeit wieder. Ich gehöre auch dazu, und beim Betreten unseres Bürogebäudes mache ich dem Mann an der Pforte gegenüber meiner Enttäuschung Luft: „Jetzt ist Ostern auch schon wieder vorbei!“ Die Antwort kommt prompt und überraschend: „Ostern ist doch nicht vorbei! Ostern ist immer!“

„Ostern ist immer!“ Was der Mann an unserer Pforte mir damit wohl sagen will? Verdutzt wie ich bin, vergesse ich ihn danach zu fragen und muss mir jetzt meine eigenen Gedanken dazu machen. Natürlich sind es die Gedanken eines Theologen, der ahnt, dass es hier nicht um Osterhasen und Ostereier geht, obwohl manche von denen sich auf wundersame Weise dem Zugriff der Kinder entziehen und erst Wochen und Monate später aus ihrem Versteck wieder auftauchen. Auch eine Art von immerwährendem Ostern! Trotzdem: „Ostern ist immer!“ muss etwas mit dem eigentlichen Inhalt von Ostern zu tun haben, und dieser Inhalt heißt Leben, Leben nach dem Tod, ewiges Leben. „Wir danken dir, Herr Jesu Christ, dass du vom Tod erstanden bist“, so fängt eines der bekanntesten Osterlieder an, um dann von Jesus eine Brücke hin zu uns Menschen insgesamt zu schlagen: „Und hast dem Tod zerstört sein Macht / und uns zum Leben wiederbracht.“ (EG 107,1)

Wenn ich mir das jetzt so durch den Kopf gehen lasse, wird mir sehr schnell klar, dass Ostern in diesem Sinn natürlich etwas Dauerhaftes ist und sich nicht auf ein paar wenige Tage im Jahr beschränken lassen will. Im Gegenteil: Wo die Macht des Todes einmal gebrochen ist, ist sie ein für alle Mal dahin, und niemand wird sie je wiederherstellen können. Gott sei Dank im wahrsten Sinn des Wortes! „Ihr werdet leben, weil ich lebe“, hat denn auch Jesus vor seinem Tod gesagt (Johannes 14,19) und uns damit ein Versprechen gegeben, das seine Gültigkeit nie verliert und das er an jedem Tag aufs Neue einlösen will – an Ostern, an Weihnachten, an Fest-, Sonn- und Feiertagen, aber auch und vor allem an den vielen Tagen dazwischen. Und in diesem Sinn gilt dann in der Tat, was der Mann an der Pforte mir sagen will: „Ostern ist immer!“

Übrigens und kaum zu glauben, aber wahr: Der Mann an der Pforte heißt Ostertag. Und mit Ostern hat Herr Ostertag ja wirklich recht.

Das meint Koch. Und was meinen Sie?

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Tag der Freude*

*Dieser Beitrag ist ursprünglich für die Rubrik „Augenblick“ des Evangelischen Gemeindeblatts für Württemberg vom 17. April 2011 geschrieben. Dort ist ihm ein Foto beigegeben, das eine Palmsonntagsprozession in Jersualem zeigt. Aus rechtlichen Gründen kann das Foto hier nicht mit veröffentlicht werden.

Darf man sich so auch den allerersten Palmsonntag vorstellen? Als Jesus auf einem Esel reitend in Jerusalem einzieht, Menschen Kleider und grüne Zweige auf dem Weg ausbreiten und dem, den sie für den Messias halten, zujubeln: „Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!“ (Matthäus 21,9)?

Heutzutage jedenfalls ist die Prozession zur Erinnerung an das Ereignis von damals etwas, was bei den Beteiligten Freude auslöst und unbedingt mit der Kamera festgehalten werden muss: wie einheimische Christen und auswärtige Pilger mit Palmwedeln in der Hand vom Ölberg in die Altstadt von Jerusalem gehen, um am Ende im Park vor der St. Anna-Kirche den Segen zu empfangen. Im Hintergrund glänzt die goldene Kuppel des Felsendoms, an dessen Stelle zu der Zeit von Jesus der Tempel des Herodes steht.

Wobei die Augenzeugen des Einzugs Jesu in Jerusalem damals vor 2000 Jahren mehr sind als nur fröhliche Zaungäste einer Prozession, so sehr diese auch zu Herzen gehen mag. Sie sind vor allem Erwartende, die in ihrer persönlichen und politischen Bedrängnis auf Befreiung und Erlösung hoffen. Weshalb sie lautstark „Hosianna!“ rufen und sich dabei des 118. Psalms bedienen, einem Höhepunkt in der Liturgie des Passahfests, dessentwegen Jesus nach Jerusalem kommt: „Hosianna!“ gleich „O Herr, hilf! O Herr, lass wohlgelingen! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!“ (Psalm 118,25) Als sie aber ihre Erwartung enttäuscht sehen, werden aus dem „Hosianna!“ binnen Tagen ein „Kreuziget ihn!“ und aus Palmsonntag Gründonnerstag und Karfreitag.

Palmsonntag 2011: Sind auch wir wie die Frauen und Männer damals statt bloß Zaungäste Erwartende? Grund genug dazu hätten wir. Weil eine Welt, die zusehends aus den Fugen gerät, den einen gut gebrauchen kann, der ihr Orientierung gibt und sie von ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten befreit: Jesus. Wobei sein Einzug heute weder unbedingt etwas für die Kameras zu sein braucht noch sich wie ein Staatsempfang abspielen muss. Man kann Jesus auch ganz leise und unauffällig in das eigene Innere einziehen lassen. Die Wirkung ist die gleiche: Mit Jesus sieht die Welt gleich anders aus. Und darüber können dann auch wir uns freuen. Ja, der Palmsonntag ist und bleibt ein Tag der Freude.

Das meint Koch. Und was meinen Sie?

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